Saturday, 27th April 2024
27 April 2024

Darum geht es beim Streit um den Backstop

Großbritannien wird am 29. März 2019 die EU verlassen – das ist der British Exit, kurz Brexit. Wie das geschehen soll, darum ringt der Inselstaat noch. Premierministerin Theresa May hat einen Ausstiegsplan mit der EU verhandelt, dem beide Seiten zugestimmt haben. Nicht aber ihr heimisches Parlament. Der Streit geht um den sogenannten Backstop.

Aber was ist der Backstop?

Wegen des Backstops wackelt die Zustimmung zum Brexit, hat Premierministerin Theresa May den Rückhalt aus der nordirischen Partei DUP verloren und überstand nur knapp ein parlamentarisches Misstrauensvotum.

Backstop ist ein englisches Wort für Barriere, bedeutet aber auch Rückhalt. Im Zusammenhang mit dem EU-Austritt der Briten sind beide Bedeutungen treffend.

Als Sonderklausel und verpflichtender Teil der vertraglichen Austrittsregelung soll der Backstop übergangsweise den freien Warenverkehr zwischen der EU und dem EU-Mitglied Irland schützen.

Warum ist der Backstop so wichtig?

Dazu muss man sich klar machen: Im Moment des Brexit wird die Linie zwischen dem EU-Mitglied Republik Irland und dem britischen Nordirland schlagartig zu einer Außengrenze der EU.

Das bedeutet unter anderem die Verpflichtung zu Zollkontrollen und zu Herkunfts- und Qualitätskontrollen von Produkten und etwa auch Veterinärprüfungen von Vieh.

Kontrollen aber erschweren den Handel. Auch darum wollen eigentlich alle Parteien diese 500 Kilometer lange Grenze verhindern.

►Aber das ist noch nicht alles: Zumindest für Irland und Nordirland ist die Grenzfrage auch ein echtes politisches und psychologisches Problem.

Hintergrund: In mehr als 30 Jahren Gewalt wurden im Nordirland-Konflikt (1969 bis 1998) zwischen mehr als 3600 Menschen getötet.

Besonders oft war damals die inner-irische Grenze Ziel der Auseinandersetzung. Durch die EU wurde sie in der jüngeren Vergangenheit immer unwichtiger, verschwand nahezu.

Auch laut Friedensvertrag vom 10. April 1998 darf diese Grenze das Zusammenleben der Iren nicht behindern. Und auch Grenzkontrollen können Behinderungen sein.

Die Befürchtung: Ein erneutes Wiederaufflammen der Gewalt durch den Brexit.

Wie soll der Backstop solche Probleme verhindern?

Geplant ist er für die Zeit nach dem Brexit Ende März und gilt solange, bis es ein gemeinsames Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien gibt. Großbritannien bildet durch den Backstop mit der EU eine Zollunion.

Was der Backstop bewirkt

Mit dem Backstop könnte somit an der irischen Grenze auf Zollkontrollen verzichtet werden. Nordirland würde mit dem Güterverkehr quasi im EU-Binnenmarkt bleiben. Damit wären Grenzkontrollen unnötig.

Für die EU-Partner ist der Backstop von Vorteil. Der freie Warenverkehr ist garantiert, das EU-Mitglied Irland ist geschützt.

► Übrigens kann der geltende Backstop von keiner Seite aufgekündigt werden.

Was die Backstop-Gegner sagen

Vor allem für die Nordiren und ihre Partei DUP ist der Backstop ein No-Go.

Ihr Argument: Die See zwischen Nordirland und dem Festland Großbritannien würde dadurch zu einer imaginären Grenze des EU-Binnenmarktes. Damit wären dann Kontrollen in den nordirischen Häfen fällig – etwa für englisches Schlachtvieh aus England.

Vor allem die nordirische Partei DUP akzeptiert auch nicht, dass Nordirland im Falle des Backstop anders behandelt würde als der Rest Großbritanniens. Sie betrachtet den Backstop schlicht als Spaltung des Königreichs.

Und wenn kein Handelsabkommen kommt?

Nach dem Brexit würde laut Vertrag eine Übergangsphase bis zwei Jahre nach dem Austritt beginnen. Sie könnte danach verlängert werden. Also hätten EU und Großbritannien mindestens zwei, höchstens aber vier Jahre Zeit, um ein gemeinsames Handelsabkommen abzuschließen.

Was viele Briten fürchten

► Erpressung durch die EU bei den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen und als Folge zu langes Verharren im Backstop und Zollunion mit Nordirland im EU-Binnenmarkt.

Was die EU nicht will

► Dass Großbritannien sich trotz Brexit darauf verlässt, die EU verzichte auf Grenzkontrollen, um den irischen Frieden zu erhalten.

Verhandelbar ist der Backstop aus EU-Sicht übrigens nicht mehr. Er ist bereits Teil des rechtlich bindenden Austrittsvertrags.

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