Saturday, 4th May 2024
4 Mai 2024

Fabian Lustenberger: „Fußballgott? Das ist doch schön“

Herthas Fabian Lustenberger spricht vor dem Heimspiel gegen Mainz 05 über seinen Abschied im Sommer, neue Fangesänge und das Potenzial der Mannschaft.

Noch eins. Fabian Lustenberger steht vor seinem 300. Pflichtspiel für Hertha BSC.

Beim Heimspiel gegen Mainz 05 am Samstag (15.30 Uhr) wird Fabian Lustenberger wohl sein 300. Pflichtspiel für die Berliner absolvieren. Im Sommer zieht es ihn in die Schweizer Heimat nach Bern. Darüber und vieles mehr haben wir mit dem Defensivallrounder von Hertha BSC gesprochen.

Herr Lustenberger, am Wochenende gab es in der NBA eine bemerkenswerte Szene.

O ja, das habe ich im Internet gesehen.

Kurz vor Ende des Spiels gegen die Dallas Mavericks hat der Trainer der Los Angeles Clippers eine Auszeit genommen, nur um Dirk Nowitzki für sein 1500. Spiel in der NBA zu huldigen.

Das war das verdiente Lob für einen großartigen Sportler. Und wenn das auch noch vom Gegner kommt, ist es die höchste Form der Anerkennung. Etwas Schöneres gibt es eigentlich nicht.

Im Sommer werden Sie nach zwölf Jahren bei Hertha BSC in die Schweiz zurückkehren. Sie sind gerade auch auf einer Art Abschiedstour. Erleben Sie Ähnliches wie Nowitzki?

Im Fußball ist die Rivalität zwischen den Klubs und deren Anhänger viel größer als im Basketball. Das macht es schwierig. Aber ich habe unglaublich viele positive Rückmeldungen bekommen. Zu 99,9 Prozent, würde ich sagen

Wer waren die 0,1 Prozent?

Keine Ahnung. Die kenne ich nicht persönlich. Das sind Leute, die nach einer Niederlage in den sozialen Medien einen Kommentar schreiben wie: Zum Glück ist er im Sommer weg. Aber damit kann ich leben.

Nimmt man das Gefühl, dass man zum Beispiel zum letzten Mal in München gegen die Bayern spielt, bewusst mit auf den Platz?

Vielleicht in dem Sinne, dass man das Spiel ein bisschen mehr genießt. Aber nicht so, dass ich noch motivierter und noch fokussierter bin. Das bin ich eh immer.

Wie sieht das aus: das Genießen?

Ich bin insgesamt ein bisschen ruhiger, gelassener, sehe alles etwas entspannter, auch die Spielvorbereitung. Ich bin unverändert ehrgeizig, aber es ist nicht mehr so, dass ich sage: Ich muss. Ich muss. Ich muss. Wenn ich mich vor dem Spiel gut fühle, weiß ich: Es kann gut gehen. Ich weiß aber auch: Es kann auch schlecht laufen. Genauso ist es umgekehrt.

Haben Sie noch ein persönliches Ziel für die verbleibende Zeit bei Hertha?

Vor der Saison hatte ich 191 Bundesligaspiele. Da wollte ich erst einmal die 200 schaffen. Das ist mir bereits gelungen. Jetzt stehe ich bei 299 Pflichtspielen, und am Samstag mache ich vielleicht mein 300. Ich nehme alle Spiele, die ich noch kriege. Damit ich Hertha im Mai mit einem guten Gefühl verlassen kann. Dieses gute Gefühl habe ich im Moment, und ich gehe davon aus, dass es bis zum Ende anhält. Deswegen bin ich auch froh, dass ich den Schritt jetzt mache, da ich noch ein bisschen im Fokus stehe, und nicht erst in ein paar Jahren, wenn alle sagen: „Ach, der Lustenberger war auch noch da.“ Ich hatte zwölf super Jahre hier, werde noch drei super Monate haben. Und dann ist es auch vorbei. Punkt.

Das hört sich fast so an, als fiele eine Last von Ihnen ab.

Last würde ich jetzt nicht sagen. Aber ich bin schon froh, dass ich Klarheit bezüglich meiner Zukunft habe.

Wofür haben Sie sich mit Ihrem Wechsel nach Bern entschieden? Und wogegen?

(Lacht). Schwierige Frage. Ich habe mich für die Familie entschieden. Das steht ganz klar an oberster Stelle.

Ihre Frau und Ihre Kinder leben schon seit anderthalb Jahren in der Schweiz.

Genau. Aber das heißt nicht, dass ich in Bern keine sportlichen Ambitionen mehr habe. Im Gegenteil. Ich gehe mal davon aus, dass ich mit Young Boys um die Meisterschaft mitspielen werde; dass wir die Chance haben, uns für die Champions League zu qualifizieren, und sicher in der Europa League sind. Rein sportlich ist das noch mal eine neue Herausforderung.

Und wogegen haben Sie sich entschieden?

Habe ich mich gegen Hertha entschieden? Nach zwölf Jahren? Ich glaube nicht. Vielleicht habe ich mich gegen die Bundesliga entschieden. Das kann sein. Aber wenn man sich für etwas entscheidet, heißt das ja nicht, dass man sich auch automatisch gegen etwas entschieden hat. Wenn ich es extrem forciert hätte, hier zu verlängern, wäre das vermutlich auch gegangen. Für mich war klar, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: Heimat oder Berlin. Es sei denn, Barcelona hätte angerufen. (lacht)

Es gibt einen Spieler in der Bundesliga, der sogar noch vereinstreuer ist als Sie …

… Franck Ribéry. Der ist einen Monat länger bei den Bayern.

Dass Sie so lange bei Hertha geblieben sind, ist Ihnen das einfach passiert?

Nein. Ich hatte nur nie das Verlangen, irgendwo mit aller Macht was Neues auszuprobieren. Ich habe mir immer die Frage gestellt: Willst du noch mal bei null anfangen – bei einem neuen Verein, mit einem neuen Umfeld, neuer Geschäftsstelle, neuen Mitarbeitern? Oder bleibst du beim Altbewährten? Wo du deinen Rhythmus hast, deine Leute, deine Ansprechpartner. Dazu eine Stadt, die auch nicht so schlecht ist, und einen Verein, bei dem sportlich nie die Gefahr bestanden hat, dass es den Bach runter geht. Im Gegenteil.

Es gab immerhin zwei Abstiege in die Zweite Liga.

Das stimmt. Aber beide Male hast du gesehen, dass du auch direkt wieder aufsteigst, wenn du dich nicht ganz doof anstellst. Die Perspektive stimmte. Und wenn du in einem Zweitligajahr so viele Spiele gewinnst, wie wir das getan haben, kann das sogar Spaß machen. Spiele gewinnen – darum geht es doch schlussendlich, in welcher Liga auch immer. Deshalb gab es eigentlich nie einen Grund, Hertha zu verlassen.

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