Saturday, 18th May 2024
18 Mai 2024

Land rüstet 1600 Schulen mit neuer Software aus – mancher Lehrer fühlt sich alleine gelassen

1600 Schulen in Rheinland-Pfalz werden derzeit mit einer neuen Verwaltungssoftware ausgerüstet. Nicht jeder Lehrer vor Ort ist über das neue Programm begeistert.

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MAINZ – Wenn es schiefläuft, dann richtig. Bayern und Baden-Württemberg hatten vor 13 Jahren ein Projekt auf den Weg gebracht – Ausstattung aller Schulen mit einer neuen Software für die Verwaltung. Doch das Projekt hatte Haken und Ösen. Die Kosten explodierten. In Rheinland-Pfalz ging vor einigen Jahren das Nachfolgemodell an den Start, genannt „edoo.sys RLP“.

Was die Software leistet: Mit ihr können Zeugnisse verwaltet werden, Schüler zu Klassen und Kursen zugeordnet werden. Das Programm erfasst den Unterrichtseinsatz der Lehrer. Wichtige Daten etwa zu Fehlstunden, Noten und Unterrichtsausfall werden erhoben. Solche Daten werden für die Länderregierungen immer wichtiger, um Schulversorgung und Unterrichtsausfall zu managen.

In Stuttgart zog jedoch unlängst der Landesrechnungshof verheerende Bilanz. Die Kosten verzehnfachten sich auf elf Million Euro, ein Kostencontrolling habe nicht stattgefunden. Nur ein Bruchteil der baden-württembergischen Schulen arbeite mit dem neuen System; und nur 68 von 4 500 Einrichtungen würden die statistischen Daten ans Land liefern. Auch wenn es in Mainz Gerüchte über üppig überschrittene Budgets gibt, so scheinen die Kosten bislang im veranschlagten Rahmen zu bleiben. 2011 wurde das Projekt in Rheinland-Pfalz in Angriff genommen. Im Mai 2017 ging die Regierung von Gesamtkosten von rund 17 Millionen Euro aus. „Nach dem aktuellen Stand wird die damalige Prognose eingehalten“, teilt eine Sprecherin des Bildungsministeriums in Mainz mit. Von Juni 2017 bis Juni 2019 habe man drei Millionen Euro verausgabt. Hinter der Software verbirgt sich das Unternehmen ISB mit Hauptsitz in Karlsruhe.

Dümpelte das Projekt in Baden-Württemberg eher vor sich her, so läuft es hierzulande offenbar besser. Im Schuljahr 2016/17 wurde das Programm an den ersten Schulen installiert; 2017 gab es die ersten Schulungen, im Herbst soll es die letzten geben. Noch in diesem Jahr soll der Prozess des „Roll Out“ beendet sein, der Einführung des neuen Systems. „Im April arbeiteten etwa 85 Prozent der Schulen bereits produktiv mit edoo.sys RLP“, so die Ministeriumssprecherin. Im Herbst 2018 gaben zudem 230 Schulen ihre Statistik mit dem neuen System ab, 2019 werden es 800 sein. Ab Herbst 2021 sollen den Plänen zufolge alle Daten per Knopfdruck in Mainz zusammengeführt werden können.

2008 hatte die Kultusministerkonferenz den sogenannten „Kerndatensatz“ (KDS) beschlossen, also einen Standard, welche Daten von den Ländern erfasst werden müssen. Nach Angaben des Bildungsministeriums benötigte es dazu einer landeseinheitlichen Schulsoftware. Der bisherige Flickenteppich an den Schulen sei nicht geeignet gewesen. Auch lege man mit dem neuen Programm den Grundstein für die neue Cloud-basierte Plattform „Schulcampus RLP“ sowie für einheitliche E-Mail-Adressen für alle Lehrkräfte.

Schöne neue Welt. Doch wie sieht die Praxis aus? Das neue System sei außerordentlich unhandlich, berichtet eine Lehrerin. Es könnten weder Daten herausgeschrieben noch importiert werden; gerade einmal zur Stundenplansoftware „Untis“ gebe es eine Schnittstelle. „Eine digitale Schule verlangt aber, dass die unterschiedlichen digitalen Systeme auch zusammenarbeiten können“, so die Lehrerin. Zwar gebe es eine Hotline als Support, aber keine Unterstützung vor Ort, schon gar nicht bei der Installation der Software. Wie so oft ist man darauf angewiesen, dass Lehrer sich neuer Technik sozusagen autodidaktisch annähern.

Nachfrage bei der Lehrergewerkschaft GEW: Was hört man von den Lehrern? „Natürlich kommt es örtlich immer mal wieder in Einzelfällen zu Problemen und Situationen, dass sich die Kollegen damit alleine gelassen fühlen“, sagt GEW-Landesgeschäftsführer Peter Blase-Geiger. „Das erkennen wir aber zurzeit nicht als flächendeckendes Problem.“ Helga Lerch (FDP), stellvertretende Vorsitzende des Bildungsausschusses im Landtag, sagt: „Das läuft relativ gut.“ Es gebe eher positive Rückmeldungen. Zudem könne man sich bei Problemen ans pädagogische Landesinstitut wenden. Das dürften nicht alle Lehrer so euphorisch sehen.

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