Tuesday, 23rd April 2024
23 April 2024

AKK, Merz und Spahn stellen sich der CDU-Basis

Bei der CDU-Regionalkonferenz in Idar-Oberstein hat Annegret Kramp-Karrenbauer ein Heimspiel, aber auch Friedrich Merz und Jens Spahn geben ein ausgezeichnetes Bild ab.

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IDAR-OBERSTEIN – Die Messehalle der Edelsteinstadt Idar-Oberstein präsentiert sich schmucklos, aber Julia Klöckner eröffnet den Abend so bewusst überströmend gut gelaunt, dass die Sache schon läuft. Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) zieht wie schon bei der ersten Regionalkonferenz die Startnummer 1. Sie gibt Vollgas beim Heimspiel am Dienstagabend, unweit des Saarlands.

Kramp-Karrenbauer setzt an der Basis auf Gefühl

Ein bisschen Merkel am Anfang. Jeder stehe auf den Schultern seiner Vorgänger, sagt AKK. Dann brennt sie ein rhetorisches Feuerwerk ab. Beschwört den starken Staat. Bekommt massiven Applaus. Und AKK pocht auf die eigenen Stärken. Sie zählt ihre saarländischen Ministerämter auf, ihre Erfahrungen in Wahlkämpfen. Die Partei müsse zuerst kommen. Sie setzt auf Gefühl, legt dar, die CDU vermittele Bauch- und Herzensgefühl, auch bei ihr, „das“, tremoliert sie, „ist es wert, auf ein Staatsamt zu verzichten.“ Ihr Ministerpräsidentenamt hat sie für den Job der Generalsekretärin aufgegeben. Den mächtigsten Beifall erntet sie, als sie darlegt, dass über eine Rückkehr von Wehr- oder allgemeiner Dienstpflicht debattiert werden müsse. „Wären wir über den Sommer hinaus bei dieser Debatte geblieben, anstatt uns mit der CSU zu streiten, lägen wir jetzt nicht bei 26 Prozent.“

Jens Spahn kommt ruhiger daher, bedächtiger. Er hat einen Plan. Er sagt: „In Rheinland-Pfalz, da schaue ich bei Helmut Kohl nach.“ Raunen im Saal. „Keine Angst“, sagt Spahn, „ich vergleiche mich nicht mit Helmut Kohl.“ Aber – Kohl habe die Partei grundlegend erneuert und dabei kluge, selbstbewusste Köpfe geholt. Spahn nennt Rita Süssmuth, Heiner Geißler, Bernhard Vogel. Irgendwie sieht sich Spahn schon in dieser Tradition, ein mächtiger Chef, der Hochkaräter fördert.

Lust auf die Zukunft, proklamiert Spahn. Die Welt nicht den Miesepetern überlassen. Fortschritt bedeute nicht immer nur mehr Geld. „Wenn wir Krebs endlich heilen können, dann bedeutet Fortschritt weniger Leid.“ Und dann doch, am Schluss bei Spahn: das Migrationsthema. Eine Balance zwischen Humanität und Kontrolle sei nötig. „Man muss aber doch die Migration in unsere sozialen Sicherungssystem unterbinden.“ Und wenn der CDU-Bundesparteitag im Dezember über den UN-Migrationspakt diskutiere, sei das das Normalste der Welt. Spahn bekommt weniger Applaus als AKK.

Friedrich Merz beginnt unspektakulär, kommt aber dann mächtig aus der Tiefe des Raums. Die CDU dürfe nicht nach links rücken, „gewiss auch nicht nach rechts“. Er traue der Partei 40 Prozent bei nationalen Wahlen zu, und sie könne die Hälfte der zur AfD abgewanderten Wähler zurückholen. „Ich habe“, legt Merz leiser dar, „hier in der Nähe in der Artillerieschule meinen Fahnenjunkerlehrgang gemacht.“ Zustimmendes Raunen im Saal. „Die Bundeswehr ist in keinem guten Zustand, und sie fühlt sich auch von der CDU nicht gut behandelt.“ Dicker Applaus.

Merz attackiert die SPD frontal: sie fahre in der Sozialpolitik einen scharfen Kurs nach links. „Sie diskreditieren Reformen, die wir als CDU mitgetragen haben.“ Er meint Hartz. Im Bildungssystem müsse es um Wahlfreiheit gehen „und nicht um sozialdemokratische Einheitsmodelle.“

Merz kann mit Charme agieren, aber auch schneidig. Der Erneuerungsprozess der CDU habe unter der Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer schon begonnen. Dann kommt ein donnerndes „Aber“: „Wir müssen noch verdammt viel besser werden.“ Sein Ziel sei es, die CDU innerhalb von zwei Jahren zur modernsten Partei Deutschlands zu machen.“

Fragen aus dem Publikum, das beifallsfreudig ist und hoch konzentriert. „Ich will hier nicht kurz abgespeist werden“, grollt ein 80-jähriger Biobauer aus Hessen, der sagt, er sei seit 50 Jahren in der CDU. Die sozialen Sicherungssysteme spielen eine wichtige Rolle. Spahn, der Gesundheitsminister, ist in seinem Element. Die Menschen lebten heute länger, das freue ihn, betont er. Dann müsse man unter Umständen in Kauf nehmen, für die Bewahrung der sozialen Sicherheit hie und da ein bisschen mehr zu arbeiten.

Spahn gibt sich jugendlich, Merz staatsmännisch

Das Thema „Allgemeine Dienstpflicht“ treibt die Partei massiv um. Hier kann AKK Punkte sammeln. Mit einer solchen Dienstpflicht könne man die Gesellschaft zusammenbringen. Die drei Kandidaten zeigen an diesem Abend vor allem eines: Stärken. Alle drei auf ihre Art, auch wenn Merz und Kramp-Karrenbauer ihre größere Erfahrung klug und entschieden einbringen können. Spahn ist halt jünger. „Diese Jugend heute ist so CDU wie noch nie, sie weiß es nur noch nicht.“ Das Publikum ist amused.

Wenn die Nacht von Idar-Oberstein entscheiden würde, hätte Kramp-Karrenbauer wahrscheinlich die Nase vorne. Aber Merz hat dann, bei der Frage nach Europa, doch noch Sätze wie diesen im Repertoire, ein Zitat von Jean-Claude Juncker: „Wer Europa verstehen will, muss Soldatenfriedhöfe besuchen.“ Und er ist sehr glaubwürdig bei solchen Sätzen.

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