Tuesday, 7th May 2024
7 Mai 2024

Tesla-Boss baut Luftschlösser

Es gibt neue Schwanengesänge auf Tesla: Starunternehmer Elon Musk (47) erlebe gerade laut Skeptikern ein böses Erwachen aus seinen Träumen eines erschwinglichen Elektroautos für die Massen, das „Model 3“.

Der jüngste Rauswurf von 3000 Mitarbeitern – sieben Prozent der Belegschaft – wäre laut besorgter Anleger bisher das beste Indiz, mit welch harten Realitäten der E-Auto-Pionier konfrontiert ist. Und wieder wird in Finanzkreisen gemurrt, dass der eloquente Musk Anlegern Luftschlösser verkauft haben könnte.

„Tesla erwacht gerade aus seinen Model-3-Träumen“, brachte ein Analyst die Stimmung auf den Punkt. Vor allem: Musk wollte eigentlich den flotten Strom-Sedan viel billiger verkaufen, um breitere Käufersegmente zu erreichen. Die bittere Wahrheit aber: Die Produktion, die einen „Höllenstart“, so Musk selbst, hinter sich hatte, ist offenbar weiterhin zu teuer für die erhofften Preiskalkulationen.

Durch die Massenentlassung sollen Kosten gespart werden, während Musk an den ehrgeizigen Produktionszielen festhält. Wie brutal der Kündigungstag war, sagte jetzt eine geschasste Mitarbeiterin: „Wir fühlten uns wie Lämmer auf der Schlachtbank“, so die Frau zum „Business Insider“.

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Musk an drei Fronten unter Druck

Unter Druck geraten ist der E-Auto-Pionier an gleich drei Fronten: Er muss Preise senken, Profite steigern und Schulden zurückzahlen.

Mit der Radikalkur wollte Musk eigentlich die Wall Street beruhigen: Immerhin werden dieses Jahr viele der Millionen-Anleihen fällig. Sie stammen aus den Zeiten, als Tesla atemberaubende Verluste baute. Kredite in einer Gesamthöhe von elf Milliarden Dollar wurden aufgenommen. Am 1. März steht die Rückzahlung eines Darlehens von 900 Millionen Dollar an. Sollte der Aktienpreis unter 359,87 Dollar liegen, muss großteils Cash transferiert werden.

Die Reaktionen auf Musks Sparkurs waren zumeist negativ: Die Finanzfirma RBC Capital Markets wertete die Tesla-Aktien ab und sprach von einem „bösen Erwachen“ für Musk. Die Preisprognose für die Wertpapiere wurde auf 245 Dollar (Donnerstag: 290 Dollar) reduziert. Analyst Joseph Spak ätzte: 34 Monate nach Musks Ankündigung, eine Version des Model 3 um 35 000 Dollar auf den Markt zu bringen, bleibe das Versprechen unerfüllt. Tesla hatte zuletzt zugegeben, dass eine solche Billigvariante noch nicht profitabel gefertigt werden kann. Die preiswerteste Model-3-Type kostet in den USA derzeit 45 000 Dollar.

Experte Spak: „Während die Strategie, den High-End-Sektor zu bedienen, um die Kosten für das Low-End zu senken, fundiert ist, glauben wir, dass Tesla die Kostenkurven an der Fertigungsseite bei dieser Gleichung unterschätzt hat.“

Das beschriebene Dilemma: Bei Luxusautos läuft das Geschäft top, doch geplatzt scheinen vorerst die Träume vom Massenmarkt.

Andere Finanzfirmen hatten in den vergangenen Tage ebenfalls skeptisch reagiert: Musks radikale Verschlankung der Firma – normalerweise ein Schritt, den Börsianer beklatschen – wurde bei Tesla eher als Alarmsignal bewertet. Goldman-Sachs-Analyst David Tamberrino gab sogar ein Aktienpreisziel von 225 Dollar an und versah das Papier mit einem „Sell“-Rating.

Krise nach Jubel

Die neue Krise kommt ausgerechnet nach einer Phase an Jubelmeldungen: Tesla verkaufte immerhin 2018 mit 245 000 Vehikel mehr Elektroautos als in allen Jahren seit der Firmengründung 2003 zusammen.

Das Model 3 wurde am US-Markt zum meistverkauften Luxus-Fahrzeug 2018, mit 145 846 Stück lag Tesla weit vor dem Lexus RX (111 641 Wagen). Mercedes-Benz wurde mit 62 435 Luxusautos sogar vernichtend geschlagen. Dass das Elektroauto im Luxusmarkt abräumte, wurde schon bei der Bekanntgabe der Verkaufszahlen nicht ohne Ironie kommentiert: „Eigentlich wurde der Wagen ja für den Massenmarkt konzipiert“, so der Finanzsender CNBC.

Doch trotz des Erfolgs rüstet Musk für ein weiteres, potenziell turbulentes Jahr. Eine neue kritische Phase für Tesla hat begonnen:

▶︎ Gerade beginnt der Verkauf des Model 3 in Europa, die ersten Containerschiffe sind unterwegs, nachdem die Verkehrsbehörden in den Niederlanden die Zulassung erteilten: Europa gilt für Tesla als einer der wichtigsten Wachstumsmärkte. Die billigste Variante des Model 3 soll 58 000 Euro kosten.

▶︎ In den USA werden gerade Steueranreize für den Kauf von Elektroautos von der Trump-Regierung sukzessive reduziert – am 1. Juli verringert sich dieser „Tax Credit“ neuerlich um 1875 Dollar. Das könnte die Nachfrage verringern, so Analysten. Auch das erhöht den Druck, preiswertere Wagen anbieten zu können.

▶︎ Ambitioniert sind Musks Pläne auch in China. Und wieder wächst die Skepsis über möglicherweise zu vollmundige Ankündigungen: Am 7. Januar legte der Tech-Milliardär, Jubelposen inklusive, den Grundstein für den Bau der ersten chinesischen Gigafactory in Schanghai und versprach einen Produktionsstart in elf Monaten. „Noch niemand hat eine moderne Auto-Produktionsstätte in weniger als einem Jahr gebaut“, schüttelte die Rechtsberaterin Laurie Harbour gegenüber „Forbes“ den Kopf. Ambitioniert ist auch das geplante Fertigungsvolumen der neuen Fabrik: 500 000 Teslas sollen dort einmal pro Jahr aus der Montagestraße rollen.

Doch viele halten Musk weiterhin zugute, dass er sich immer wieder als Überlebenskünstler hat behaupten können – und dass ohne seine Pioniertaten mit Tesla E-Autos wohl immer noch experimentelle Prototypen bei Autoshows wären.

Einen neuen Realitäts-Check gibt es kommenden Mittwoch: Dann legt Tesla die neuesten Quartalszahlen vor.

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