Saturday, 18th May 2024
18 Mai 2024

Neues Laborgebäude für landesweite Wein-Analytik in Mainz eingeweiht. Forscher wollen Betrug beim Wein verhindern.

Von redlichen Winzern und schwarzen Schafen

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MAINZ – Vor neun Jahren machte in der Weinwelt das Wort Natamycin die Runde. In einer ganzen Reihe argentinischer Rotweine wurde die Substanz nachgewiesen, die zwar nicht als unmittelbar gesundheitsgefährdend gilt, aber antibiotische Stoffe enthält. Um die Weintrinker vor der Ausbildung von Resistenzen zu schützen, war Natamycin damals schon EU-weit verboten. An der Oberfläche von Hart- und Schnittkäse ist es übrigens in gewissen Mengen erlaubt. In Argentinien kam es bei der Reinigung von Holzfässern zum Einsatz. „Wir haben es hier festgestellt“, erzählt Ursula Lampe. Die Folge: Die Weine wurden aus dem Handel genommen.

Lampe ist Arbeitsbereichsleiterin am Institut für Lebensmittelchemie und Arzneimittelprüfung in Mainz, das zum Landesuntersuchungsamt (LUA) gehört. 60 Mitarbeiter untersuchen hier pro Jahr 4300 Weinerzeugnisse, über 1000 weitere alkoholische und nichtalkoholische Getränke sowie jede Menge Medikamente. Mittel, die Schlankheit versprechen, aber in Wirklichkeit lebensbedrohlich sind, oder gefälschte Potenzmittel wurden hier entdeckt. Bei der Enttarnung technischer Glycerine, die dem Wein beigegeben werden, um ihn dickflüssiger und vollmundiger zu machen, hat das Mainzer Institut den geltenden Standard entwickelt. „Die Verbraucher vor Gesundheitsgefahren und Betrug zu schützen – und die redlichen Winzer und Produzenten vor den schwarzen Schafen“, darum geht es, wie LUA-Präsident Dr. Stefan Bent sagt.

Bestandsgebäude vor mehr als 30 Jahren errichtet

Das Bestandsgebäude in Mainz-Hechtsheim wurde vor mehr als 30 Jahren errichtet. Nun muss es, vor allem aufgrund der Auflagen in Sachen Brandschutz und Energieeffizienz, saniert werden. Das geht aber nicht komplett im Bestand, weswegen vor bald dreieinhalb Jahren mit einem Anbau begonnen wurde. Nun sind die auf drei Etagen verteilten 570 Quadratmeter an neuen Laborflächen in Betrieb genommen worden. Allerlei Geräte, laut Bent nicht selten so teuer wie Einfamilienhäuser, stehen hier, lauter Reagenzgläser, große Bildschirme. Chemiker, Chemikanten und Lebensmittelchemiker arbeiten hier vor allem. Sie extrahieren die zu kontrollierenden Substanzen, analysieren sie, leiten bei Verstößen mögliche rechtliche Konsequenzen ab.

4,77 Millionen Euro hat allein der direkt ans Bestandsgebäude angedockte Neubau gekostet, wie Dr. Stephan Weinberg sagt. Auf elf Millionen beziffert der Finanzstaatssekretär die Gesamtmaßnahme. Die Sanierung von insgesamt 2700 Quadratmetern soll in drei Schritten erfolgen. In Rheinland-Pfalz wird die staatliche Überwachung von Lebensmitteln an vier Standorten durchgeführt, Mainz ist wesentlich auf den in- und ausländischen Wein spezialisiert.

Die Deutschen nehmen pro Jahr im Schnitt acht Kilogramm Zucker zu sich, wie Umweltstaatssekretär Thomas Griese sagt. Das führt zu gesundheitlichen Problemen. Deswegen werden Fruchtsaftgetränke auf einen zu hohen Zuckeranteil kontrolliert. „Das neue Gebäude trägt dazu bei, dass der hohe Qualitätsstandard der Untersuchungen erhalten bleibt“, sagt Griese. Die Bürger sollten sich darauf verlassen können, dass gesunde und unbedenkliche Lebensmittel auf dem Markt sind. Das Institut arbeitet zum einen auf Hinweise aus der Lebensmittel- und Weinkontrolle hin. Zweimal die Woche sitzen Verkoster beisammen und probieren Weine, um mögliche Makel ausfindig zu machen. Zum anderen wird Hinweisen seitens der Verbraucher nachgegangen. Hier ist die Trefferquote offenbar hoch. Schwefelzusatz, Alkoholgehalt, Konservierungsstoffe, Holzchips in vermeintlich im Barriquefass ausgebauten Prädikatsweinen – es gibt viele Möglichkeiten zu mogeln, da muss das Institut immer auf dem Laufenden sein.

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