Friday, 3rd May 2024
3 Mai 2024

Eine schöne Verschwörungstheorie

Krach im rheinland-pfälzischen Gastroverband Dehoga: 20 Gastronomen hatten wegen der Verlängerung der Amtszeit von Präsident Gereon Haumann Klage eingereicht. Dieser setzt sich zur Wehr.

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BAD KREUZNACH – Eigentlich könnte beim Verband der Gastronomen und Hoteliers, dem Dehoga Rheinland-Pfalz, alles eitel Sonnenschein sein. Doch es sind Wolken aufgezogen. Einzelne Mitglieder haben den Verband verklagt, nachdem die Amtszeit des Präsidenten, Gereon Haumann, um acht Jahre verlängert worden war – drei Jahre vor Ablauf der alten Amtszeit. Die Haumann-Getreuen haben zurückgeschlagen. Drei Kreisvorsitzende, die zur Gruppe der Rebellen zählen, mussten zurücktreten. Gegen den mutmaßlichen Rädelsführer, einen Hotelier von der Mosel, läuft ein Ausschlussverfahren. „Er hat nachweislich dem Dehoga Rheinland-Pfalz einen hohen Schaden zugefügt“, sagt Haumann. Jener Hotelier hatte sich öffentlich zu Vergütungen Haumanns geäußert. Damit handelte sich der Kritiker bereits eine einstweilige Verfügung ein.

Haumann ist dafür bekannt, „nach vorne“ zu gehen, wenn ihm der Wind ins Gesicht bläst. Der Dehoga-Präsident nennt die Zahlen gegenüber dieser Zeitung: So erhalte er laut Degoga-Vergütungsordnung 15 000 Euro monatlich, von denen er Steuern, Sozialversicherung, Altersvorsorge und Ähnliches zahlen müsse. Hinzu komme eine Aufwandsentschädigung von 2 950 Euro im Monat. Von dieser zahle er etwa Fahrzeugkosten, Laptop und Handy. Jedenfalls reiche dieses Geld nicht für den tatsächlichen Aufwand. Schließlich erhalte er noch als Geschäftsführer der Dehoga Zentrum GmbH, einer Tochtergesellschaft, 5 000 Euro brutto. Vermutlich diese Summen, kombiniert mit einer vorzeitigen Verlängerung des Vertrags bis 2029, dürften einige Gemüter erhitzt haben. Das sei ein regelrechter „Vorratsbeschluss“ gewesen, hört man bei den Kritikern.

Haumann erläutert die Zahlen – und die Vertragsverlängerung. So hätten 88 Prozent von rund 100 Delegierten im August 2018 der Vertragsverlängerung zugestimmt. Im März zuvor hätten dies alle Kreisvorsitzenden absegnet gehabt – auch diejenigen, die dann im Dezember Klage gegen den Dehoga-Landesverband eingereicht hätten.

Das ganze Verfahren sei sehr transparent gelaufen, berichtet der Dehoga-Präsident. Und es hätte für seine Gegner auch die Möglichkeit bestanden, selbst einen personellen Vorschlag zu machen. Warum also im Dezember dann das schwere juristische Geschütz in Form einer Klage? Haumann vermutet „Störfeuer aus der Stadt Mainz“ hinter den Angriffen auf seine Person. Dort habe man versucht, den Neubau der Dehoga-Landeszentrale in Bad Kreuznach zu verhindern. Wie es bei der Dehoga hinter vorgehaltener Hand heißt, könnte der Gastroverband auch den Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz ein Dorn im Auge sein. Zu mächtig, zu einflussreich sei die Hotellobby. Viele Haumann-Kritiker sitzen auch in IHK-Gremien. Das ist zwar eine Verschwörungstheorie – aber eine schöne.

So ganz durchsichtig ist die Motivlage des Anti-Haumann-Lagers tatsächlich nicht. Denn die Zahlen des Verbands stimmen – Haumann hat geliefert. 2009 verbuchte der Dehoga-Landesverband noch Einnahmen von etwas über 200 000 Euro bei einem Ergebnis vor Steuern von minus 228 000 Euro. 2017 betrugen die Einnahmen fast 1,6 Millionen Euro bei einem positiven Ergebnis von 63 000 Euro. Haumanns Verband kämpft für Bürokratieabbau und Erleichterung bei Betriebsübergaben, Qualität in der Gastronomie sowie der Anerkennung des Gastgewerbes als Saisonarbeitsbranche. Der Dehoga wird anders als früher wieder in Rheinland-Pfalz wahrgenommen. Und Haumann, ein CDU-Mann, tanzt dabei auf vielen Hochzeiten.

Und das hohe Einkommen? Haumann sagt, er sei in seiner ehrenamlichen Zeit bis 2013 70 000 Kilometer im Jahr gefahren. Vier Jahre arbeitete er ehrenamtlich. Im Hauptberuf war er angestellter Geschäftsführer eines Hotels. Das Pensum sei ehrenamtlich so nicht aufrecht zu erhalten gewesen. Haumann schildert es so, dass die Dehoga-Gremien ihn unbedingt halten wollten.

Er wurde hauptamtlicher Präsident – ein bundesweit einzigartiges Konstrukt – und zog mit Familie aus dem Hunsrück nach Bad Kreuznach. Bleibt noch die Sache mit der Creuznacher Gastgewerbe GmbH (CBG), einer Unternehmensberatung. Die CBG ist einer der größten Mieter im 2018 eingeweihten Dehoga-Neubau in Bad Kreuznach, einem wuchtigen Gebäude. Haumann erwarb im April vergangenen Jahres 80 Prozent der Anteile an der CBG. Seine Kritiker unterstellten, er mache nun auch hier einen privaten Reibach. Im Dezember übernahm der Dehoga Landesverband die Anteile. Haumann sagt, er sei privat bei CBG eingestiegen, weil die den Neubau finanzierende Bank zunächst einer Übernahme der Anteile durch den Dehoga einen Riegel vorgeschoben habe. Ohne CBG hätte aber das gesamte Neubauprojekt auf der Kippe gestanden. Er habe also das Projekt retten wollen. Letztlich habe er bei der CBG-Sache sogar draufgelegt.

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