Sunday, 15th September 2024
15 September 2024

Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz brauchen mehr Geld

Die Gesundheitsministerin schwärmt, die rheinland-pfälzischen Krankenhäuser erhalten mehr Geld. Die Opposition redet von Etikettenschwindel. Recht haben beide.

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MAINZ – Dr. Peter Enders ist von Beruf Anästhesist. Es wäre schlechtes Niveau, dies für Witze zu nutzen, in denen die Pointe auf das Wort „einschläfernd“ zuläuft. Andererseits würde der CDU-Gesundheitsexperte in einer Liste der schrillsten Landtagsabgeordneten in Rheinland-Pfalz auch eher einen der hinteren Plätze einlegen. Enders ist ganz Sachpolitiker. Und einer, der einen guten Vorschlag des politischen Mitbewerbers loben kann.

Doch wenn es um die Krankenhausfinanzierung geht, wird selbst Enders gegenüber der Regierung polemisch: „Ich beginne jede Rede zu dem Thema damit, zu erwähnen, dass Sie 2001 bis 2003 die Mittel für Krankenhäuser reduziert haben.“ Was Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) nun versuche, sei Kosmetik.

Die Ministerin hat dem Landtag während der Haushaltsberatung ihren eigenen Etat vorgelegt. Dabei erklärt sie stolz, dass das Land den Krankenhäusern 161 Millionen Euro im Jahr gebe. Das seien 15 Millionen Euro mehr als bisher.

DER HAUSHALT STEHT

Der erste rheinland-pfälzische Haushalt ohne neue Schulden seit 1969 ist beschlossene Sache.

Der Landtag stimmte am Donnerstag mit der Mehrheit der Ampelkoalition für den Doppelhaushalt 2019 und 2020. Der Etat für 2019 umfasst Ausgaben von rund 17,7 Milliarden Euro, für 2020 von 18,3 Milliarden.

Das Land kann seine Ausgaben dank hoher Steuereinnahmen für die kommenden zwei Jahre finanzieren, ohne neue Schulden zu machen.

Diese Darstellung sei unseriös, wirft Sylvia Groß (AfD) der Ministerin vor. Das Land gebe den Kliniken nur 120 Millionen Euro. Der Rest stamme aus dem Strukturfonds, sei letztlich also Geld vom Bund und stehe den Krankenhäusern nicht für Investitionen zur Verfügung. Bätzing-Lichtenthäler bestätigte Groß’ Aussagen – zumindest die Summen. Nicht dass sie unseriös sei.

Krankenhäuser haben im Wesentlichen zwei Einnahmequellen: das Geld, welches sie für die Behandlung der Patienten erhalten. Dieses soll für Behandlungen, Operationen, Medikamente, Pflege oder Versorgung ausgegeben werden. Zusätzlich geben die Länder den Kliniken Geld, damit diese investieren können. Zum Beispiel in neue Operationssäle.

Der Vorwurf von Enders und Groß: Da das Land anfang des Jahrhunderts den Kliniken den Etat gekürzt und seitdem nicht ausreichend erhöht habe, seien die Krankenhäuser im Land unterfinanziert. Es sei eine Investitionslücke von mehreren Hundert Millionen Euro entstanden. Die Investitionsquote liege nur noch bei knapp über drei Prozent, was deutlich weniger als der bundesweite Durchschnitt sei. Außerdem müssten die Häuser, so Groß, das Geld der Kassen zweckentfremden für Investitionen. Es fehle dann letztlich für Pflege und Behandlung.

„Geld aus Strukturfonds ist kein Investitionsmittel“

Dass zusätzliche Geld aus dem Strukturfonds als Investitionsmittel auszugeben, sei Etikettenschwindel, sagt Groß. Denn der Fond sei eben nicht für Investitionen gedacht. Der Bund finanziere mit ihm Projekte, die dem Bettenabbau dienen. Etwa bei der kompletten oder teilweisen Umwandlung von Krankenhäusern in Sanatorien. „Sie nehmen nicht zur Kenntnis“, antwortet Bätzing-Lichtenthäler, „dass sich die Krankenhauslandschaft in einem Strukturwandel befindet. Das macht einen Konzentrationsprozess notwendig.“ Also eben Bettenabbau. Gäbe es den Fonds nicht, so die Ministerin, müssten Projekte zur Verkleinerung der Kliniklandschaft vom Geld für Investitionen bezahlt werden.

Auf die rheinland-pfälzischen Krankenhäuser kommt ein weiteres Problem zu. Eine Möglichkeit entfällt, mit der sie bisher die finanziellen Lücken geschlossen hatten, die ihnen das Land hinterlassen hat: Die Fallkostenpauschalen müssen auf Druck des Bundes angepasst werden. Denn die waren bisher in Rheinland-Pfalz mit Abstand die höchsten in Deutschland. Das bedeutet: Für die gleiche Behandlung haben die Kassen den Krankenhäusern hierzulande mehr zahlen müssen als in Bayern, Berlin oder Brandenburg. Sodass die Beitragszahler auch an dieser Stelle für die Unterfinanzierung der rheinland-pfälzischen Krankenhäuser aufgekommen sind.

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