Thursday, 18th April 2024
18 April 2024

Neue Lizenzregeln nach EU-Strafe: Gibt’s Android bald auch ohne Google?

Android-Smartphones könnten künftig mit weniger Google-Apps ausgeliefert werden.

Von Johannes Wallat


Google reagiert auf die EU-Strafe und ändert sein Android-Geschäftsmodell. Hersteller müssen für Google-Apps künftig Lizenzgebühren zahlen, bekommen aber gleichzeitig mehr Freiheiten. Das hat Auswirkungen für Millionen Android-Nutzer in der EU.

Im Juli 2018 verdonnerte die EU-Kommission Google zu einer Milliardenstrafe, weil es, so der Vorwurf, seine Marktmacht missbrauchte. Google hat gegen die Strafzahlung in Höhe von 4,34 Milliarden Euro Widerspruch eingelegt, sein Geschäftsmodell muss das Unternehmen trotzdem schon jetzt ändern: Ab dem 29. Oktober gelten in der EU neue Lizenz-Richtlinien für das Smartphone-Betriebssystem Android. Was bedeutet das für die Millionen europäischen Android-Nutzer?

Weniger Google, mehr Wahlfreiheit

Smartphone-Hersteller, die in Europa Geräte mit Android verkaufen wollen, müssen für die Nutzung essenzieller Android-Apps künftig Lizenzgebühren an Google zahlen. Dazu gehören neben der App-Plattform Play Store auch YouTube, Gmail und Google Maps. Der Chrome-Browser und die Google-Suche, die bisher ebenfalls zum Paket gehörten, können separat lizensiert werden, sie gehören aber nicht mehr verpflichtend dazu.

Gut möglich also, dass ab November viele Android-Smartphones in Europa ohne Chrome und Google-Suche ausgeliefert werden. Samsung etwa bietet auf seinen Geräten schon jetzt neben Chrome immer auch den eigenen Browser an. Die Koreaner dürften in Zukunft auf Chrome verzichten, andere Hersteller könnten es ihnen gleich tun. Zudem sind Deals mit Unternehmen wie Microsoft denkbar, das die neue Wahlfreiheit der Hersteller dazu nutzen könnte, seinen Edge-Browser und die Bing-Suche auf Smartphones prominent zu platzieren.  

Für die Nutzer ist das von Vorteil: Wer nicht auf Chrome und auf die Google-Suche verzichten will, kann die Apps leicht aus dem Play Store herunterladen. Wer sie nicht braucht, freut sich über zusätzlichen Speicherplatz. Bisher können Chrome und die Google-App als System-Apps nämlich nicht komplett deinstalliert werden.

Mehr alternative Android-Versionen

Bisher galt intern offenbar folgende Regelung: Hersteller, die von Google lizenzierte Android-Smartphones anbieten, dürfen nicht gleichzeitig Geräte mit alternativen Android-Versionen, sogenannten Forks, verkaufen. Das gilt ab November nicht mehr, dann können Firmen auch zweigleisig fahren und eigene Android-Abwandlungen entwickeln.

Als Basis dafür dient das Android-Fundament, auch bekannt als AOSP (Android Open Source Project). Es ist kostenlos und quelloffen und kann von jedermann genutzt werden, um eigene Betriebssysteme auf der Basis von Android zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist Amazons Fire OS, eine Software, die auf Android basiert, aber nur auf Amazons eigenen Geräten läuft. Der Haken bei alternativen Android-Versionen ohne Google-Apps ist aber: Sie bieten keinen direkten Zutritt zum Play Store.

Wie viele Hersteller die neue Freiheit nutzen werden, um eigene Software zu entwickeln und sich von Google zu lösen, bleibt abzuwarten. Zumal derzeit ein entgegengesetzter Trend erkennbar ist: Immer mehr Hersteller vertiefen mit ihrer Teilnahme am Android-One-Projekt ihre Bindung an Google, statt sich vom Konzern zu lösen. Android-One-Smartphones sind mit einem weitgehend unveränderten Android ausgestattet, ähnlich wie Googles eigene Pixel-Smartphones. Das hat für alle Seiten Vorteile: Die Hersteller sparen sich die Entwicklungskosten für eigene Softwarelösungen, die Nutzer erhalten jahrelang garantierte Updates, und Google sichert sich seine marktbeherrschende Stellung.   

Nur neue Geräte betroffen

Die Änderungen betreffen nur Geräte, die nach dem 29. Oktober auf den Markt kommen. Für alle, die bereits ein Android-Smartphone haben, ändert sich wahrscheinlich erst einmal gar nichts. Ob sich die neuen Lizenzregeln auch im Preis der Geräte niederschlagen, ist offen. Wie hoch die Gebühren sind, verrät Google nicht. Ob und in welcher Höhe die Hersteller die Kosten an ihre Kunden weitergeben, wird sich erst noch zeigen müssen. 

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