Saturday, 20th April 2024
20 April 2024

Boom vorbei, Börse feiert trotzdem

Keine guten Nachrichten für die deutsche Wirtschaft!

Experten sagen für das laufende Jahr eine deutliche Konjunktur-Delle voraus. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute senken ihre Wachstumsprognose von 1,9 Prozent auf nur noch 0,8 Prozent.

Axel Lindner vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle: „Der Aufschwung ist erst mal zu Ende.“ Zu diesem Ergebnis kamen Mitte März auch schon die Wirtschaftsweisen.

Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft Kiel sagte am Donnerstag aber auch: „Die deutsche Wirtschaft hat sich abgekühlt, aber sie friert noch nicht.“ Der Arbeitsmarkt steht laut den Experten nach wie vor gut da. Die Zahl der Erwerbstätigen soll bis 2020 auf 45,5 Millionen steigen (plus 700 000 gegenüber 2018). Die Arbeitslosenquote werde weiter leicht sinken (auf 2,1 Millionen), die Löhne sollen sich gut entwickeln.

Und: Auch kräftige Staatsüberschüsse soll es geben – im laufenden Jahr plus 41,8 Milliarden Euro, 2020 dann 35,6 Milliarden.

Gründe für die gedrückte Stimmung

Trotzdem liegt die aktuelle Prognose noch unter der von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit einem Prozent BIP-Zuwachs in diesem Jahr. Als Gründe nennen die Experten, dass die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich wegen politischer Risiken weiter eingetrübt hätten. Die Handelsstreitigkeiten der USA mit China und Europa sind ein Unsicherheitsfaktor.

Auch die unklare Lage beim Brexit spielt eine Rolle. Hierzulande sind es vor allem die Schwierigkeiten der deutschen Autoindustrie, Lieferengpässe und der Fachkräftemangel, die die Aussichten drücken.

„Auch die deutsche Wirtschaftspolitik schafft Risiken, etwa indem sie die langfristige Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung durch erhebliche Leistungsausweitungen belastet, die aus dem Beitragsaufkommen nicht zu finanzieren sein werden“, kritisieren die Institute. „Dies lässt Steuererhöhungen erwarten, die Deutschland als Investitionsstandort weniger attraktiv machen.“

Erarbeitet wird das Gutachten vom RWI in Essen, vom DIW in Berlin, vom Ifo-Institut in München, vom IfW in Kiel und vom IWH in Halle.

Aufträge in der Industrie brechen ein

Sorgen machen den Wirtschaftsexperten außerdem die Auftragseinbrüche in der Industrie. Nach Daten des Statistischen Bundesamts vom Donnerstag fielen die Bestellungen im Februar um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat.

▶︎ Das sind die stärksten Einbrüche seit mehr als zwei Jahren. Grund ist die schwache Auslandsnachfrage.

„Die Daten sind eine herbe Enttäuschung“, sagte Andreas Scheuerle von der DekaBank. „Wieder einmal ist es die Weltwirtschaft, die die deutsche Industrie in die Knie zwingt. Der Umschwung der globalen Konjunktur ist extrem und geht vor allem von der Region Asien aus.“

Börse feiert

Anders die Lage an der Börse: Sie zeigt sich bisher unbeeindruckt von den schlechteren Prognosen. Der deutsche Aktienmarkt ist zur Wochenmitte durchgestartet. Das lag vor allem an einem Medienbericht über eine baldige Einigung im Handelskonflikt zwischen den USA und China. Der Dax sprang am Mittwoch um 1,70 Prozent auf 11 954,40 Punkte.

▶︎ Das war der höchste Stand seit Anfang Oktober. Allerdings: Am Donnerstagmittag ging es wegen dem Auftragseinbruch der Industrie wieder leicht runter auf 11 947, 36 Punkte.

Dasselbe beim MDax für mittelgroße Unternehmen: Am Mittwoch erreichte er den höchsten Stand des Jahres – zum Handelsende kletterte er um 1,62 Prozent auf 25 561,80 Zähler. Es passte ins Bild, dass Aktien mit einer großen Abhängigkeit von der Konjunktur auf den Kauflisten ganz oben standen. Am Donnerstagmittag ging er runter auf 25 497,51 Punkte.

Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank, sieht als Grund für die gute Börsen-Stimmung auch „die weiterhin bestehende Hoffnung, dass der Brexit geregelt stattfinden wird“.

Allerdings: „Das schwächere Wachstumsumfeld dürfte sich in den kommenden Monaten stärker in den Kursen widerspiegeln, da diese positiven Effekte auslaufen dürften“, sagte Bielmeier gegenüber BILD.

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