Wednesday, 24th April 2024
24 April 2024

„Leute, lasst das!“

Der DFB hat Tausende Euro für Alkohol und Lustreisen bezahlt. Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk fordert im Interview strenge Vorgaben – auch für Schnaps.

Symbolbild: Beim DFB gab es wohl den Kräuterschnaps auf Kosten des Verbands.

Frau Schenk, haben Sie die neuen Enthüllungen aus dem Spiegel zu den hohen Ausgaben des DFB für sogenannte „Lustreisen“ überrascht?

Das hat mich nicht überrascht, weil ich ja das langjährige Gebaren im Sport insgesamt kenne. Das war nicht nur beim DFB so. Weil mehr Geld da ist, nimmt es aber dort schnell andere Dimensionen an.

Wie sieht denn dieses Gebaren aus?

Meine Erfahrung ist, dass durchaus üppige Veranstaltungen durchgeführt wurden. Allerdings muss man das differenziert betrachten. Der 90. Geburtstag von Egidius Braun ist eher eine Ehrenfeier des DFB gewesen als eine private Party. Was ist also eine private Feier? Und was ist eine Feier, die einem verdienten Funktionär, dem eigenen Verband und der Sportgeschichte Ehre erweist?

Sylvia Schenk, 66, leitet bei der NGO Transparency International die Arbeitsgruppe Sport. Von 2001 bis 2004 war sie Präsidentin…

Nun waren es nicht nur Ehrenfeiern, für die der DFB Tausende Euro ausgegeben hat, sondern zum Beispiel auch für Schnaps bei Jugendturnieren.

Was die Verbände genau machen sollten und was nicht, muss im Einzelfall beurteilt werden. Harte Spirituosen würde ich immer außen vor lassen. Sowieso sollte man vorsichtig mit Alkoholika umgehen. Als ein Gegenbeispiel: Wenn der DFB bei der WM einen Abend mit dem Botschafter veranstaltet, dann muss man wenigstens Bier und Wein ausschenken. Wichtig ist, dass es klare Vorgaben gibt, was geht und was geht nicht.

Gibt es denn diese klaren Vorgaben beim DFB nicht?

Da gab es seit den kritisierten Vorfällen bereits Änderungen. Der DFB ist schon viel transparenter als früher. An den Richtlinien zum Thema Compliance und dem Ethik-Code muss noch weiter gearbeitet werden. Da treten wir mit dem DFB in die Diskussion und sagen auch, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. Das ist aber normal. Über kein Compliance-System würde ich sagen: Das ist für die nächsten zehn Jahre okay.

Warum gibt es bei einem gemeinnützigen Verband wie dem DFB dann damit so viele Probleme?

Eine Reise des Präsidiums zur WM kann Arbeit sein, das ist im Einzelfall zu prüfen. In Russland war zum Beispiel der Einsatz für Menschenrechte wichtig. Zudem gibt es viele Ehrenamtliche beim DFB, etwa in den Landesverbänden. Das Präsidium erhält zwar meines Wissens eine gute Aufwandsentschädigung, aber den Ehrenamtlichen kann man in einem Verband, der gleichzeitig Millionen einnimmt, ein gewisses Incentive bieten. Auch der Deutsche Turnerbund lädt seine Landesverbandspräsidenten zur Turngala ein und dann können die auch im VIP-Bereich essen.

Das hat sicher nicht die Dimensionen wie beim DFB.

Genau. Ein Stück weit ist es aber nachvollziehbar, dass es solche Begegnungsmöglichkeiten gibt. Trotzdem muss für alle klar sein: Wer wird wo eingeladen? Damit auch die Basis weiß, wer eingeladen wird. Zu sagen, ihr dürft zu keinem Spiel gehen und kein Essen kriegen, aber dafür ehrenamtlich arbeiten, das ist in einem Verband mit so viel Geld ein Missverhältnis. Es verlangt eine Balance. Aber heutzutage braucht es klare Kriterien und Transparenz. Zu Alkohol würde ich so oder so sofort sagen: Leute, lasst das!

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